Samstag, Januar 01, 2005

Auf den Wegen



Das Geschlecht der Thumb von Neuburg

  • Das Geschlecht der Thumb von Neuburg

  • Der von Maria von Weiler zum Erben bestimmte Johann Friedrich Thumb übte von 1617 bis zu seinem Tode im Jahr 1647 die Herrschaft in Köngen aus. Johann Friedrich führte nach dem Tod seines älteren Bruders, Konrad Ludwig, den Titel Erbmarschall.
In der Begräbnisrede des Köngener Pfarrers Friedrich heißt es, dass Johann Friedrich in großer Bescheidenheit gelebt und von der Not leidenden Bevölkerung keine Abgaben verlangt habe. Während des Krieges verlor er viele seiner Güter.
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  • Von den vier Söhnen Johann Friedrichs sind nur zwei namentlich bekannt. Der Ältere, der wie sein Vater Johann Friedrich hieß, lebte in Stuttgart und Esslingen. Er starb Anfang des Jahres 1646. Der Jüngere, Albrecht, kam 1635 in den Wirren des Krieges ums Leben. Nach dem Tod von Johann Friedrich Thumb (dem Älteren) übernahmen seine Enkel Friedrich Albrecht (Sohn des Albrecht) und Ludwig Friedrich (Sohn des Johann Friedrich des Jüngeren, geboren 1630) die Herrschaft in Köngen. Beide Erbteile wurden zunächst von den Vormündern, Ernst Friedrich von Nippur und Philipp Konrad von Liebenstein, verwaltet.
  • Der Auswirkungen des Krieges

  • Vorbemerkung: Über die Ereignisse in Köngen während des Dreißigjährigen Krieges gibt es fast keine schriftlichen Quellen. Die besten Informationen liefert das von Pfarrer Friedrich erstellte Begräbnisregister.
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  • Bis 1627 scheint der Ort Köngen wenig von den Ereignissen des Krieges berührt worden zu sein. Der Ausbruch der Pest in diesem Jahr kann jedoch als Kriegsfolge bezeichnet werden. - Im gleichen Jahr floh der Ortsadlige Johann Friedrich Thumb aus Köngen. Am 24.3. hinterließ er beim Bürgermeister der Stadt Esslingen eine große Truhe mit Geld, Wertsachen und Urkunden. Erst im Februar 1634 ließ er sie wieder ins Köngener Schloss schaffen.
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  • Nach der Schlacht bei Nördlingen (6.9.1634), bei der die protestantischen Truppen eine vernichtende Niederlage erlitten, "schwärmten die kaiserlichen Soldaten ungehindert mordend, sengend und plündernd aus und kamen dabei auch nach Köngen" (8.9.1634). Die Bevölkerung versuchte zu entkommen und wurde selbst in den Wäldern aufgestöbert und dezimiert. Viele Köngener flohen erfolglos ins Schloss oder nach Nürtingen.
Informationen aus den Einträgen des Köngener Pfarrers Friedrich in das Begräbnisregister:
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  • Es gelang ihm nicht mehr, die Toten zu zählen. Er vermerkt: "Den 8., 9., 10. ist der feindliche Einfall geschehen. Sind viele Erwirgte begraben worden, die lang tod in Häusern und Feld gelegen."
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  • Bericht über Ermordete, die "über die ganze Schlossanlage verstreut" oder "auf dem Feld zu finden waren".
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  • Pfarrer Friedrich führt weiter aus: "Viele andere, liegen zu Nürtingen viel begraben, darunter meine herzliebe Hausfrauen Anna Bergmannen, welche mit acht Stich ermordet worden und den 12. mit 108 Personen zu grab in großer Gefahr und Unsicherheit getragen worden."
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  • Bei den Toten handelte es sich fast ausschließlich um Frauen.
  • Das Eingreifen der Franzosen im Jahr 1635 verschlimmerte noch die Lage der Köngener Bevölkerung. Nicht nur Mord und Brand kamen im Gefolge der Soldateska, auch die Pest wurde wieder eingeschleppt. Die Bücher vermerken: "So nicht von Soldaten traktiert und beschädigt wurden, starben an der Pest 239 anno 1635." Das Schicksal hat es auch mit dem Chronisten, Pfarrer J. K. Friedrich, nicht gut gemeint. Seine zweite Frau starb schon einen Monat nach der Hochzeit an der Seuche. Trotzdem findet er Kraft zu erschütternden Einträgen: "Vier Kinder begraben und eine Tochter. Ein Mann Hungers gestorben. Zwei Weiber begraben und drei Kinder. Ein arm Weib aus Sielmingen Hungers gestorben."
Dieser Schreckenszeit hat sich naturgemäß auch die Sage bemächtigt. Für Köngen knüpft sie sich an zwei Sühnekreuze, die noch heute am Ortsrand (in der Nähe des Friedhofs) zu sehen sind. Eine Sagenversion berichtet, dass es einem Bauern gelungen sei, sein einziges Pferd lange vor plündernden Landsknechten versteckt zu halten. Als er Ende des Dreißigjährigen Krieges mit seinem Pferd pflügte, wollte ihm ein marodierender Soldat diesen kostbaren Besitz wegnehmen. Beide gerieten in einen erbitterten Streit, in dessen Verlauf sie sich gegenseitig so schwere Wunden zufügten, dass sie noch auf dem Kampfplatz starben. Zum Gedenken an diese Bluttat - so berichtet die Sage - wurden die beiden Sühnekreuze errichtet. An einem der Kreuze ist eine eingemeißelte Pflugschar erkennbar.
  • Anzahl der Toten in Köngen
Jahr Tote
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1627 46 (durchschnittliche Todesrate = 10)
1633 22
1634 143
1635 239
1636 33
1640 - 1648 pro Jahr max. 10

http://geschichtsverein-koengen.de/Koe1618-1648.htm

Ein Blick ins Büro - 1983

Bischof Volkard v. Neuburg und seine Zeit (1237 - 1251)

Beilage zum Jahresbericht des Burgenverein Untervaz

Anno Domini

1982

Bischof Volkard von Neuburg

Vortrag von Kaspar Joos

Email: annodomini@burgenverein-untervaz.ch. Beilagen zu den Jahresberichten des Burgenverein Untervaz sind auf dem

Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini erhältlich.


Bischof VOLKARD v. Neuburg

und seine Zeit. (1237-1251)

Vortrag von Kaspar Joos, gehalten am 31. März 1982 in der Historischen

Vereinigung Unterlandquart.


Sehr verehrte Damen und Herren, Liebe Geschichtsfreunde,

Wer immer sich mit Bündnergeschichte abgibt, stösst bald auf den Umstand, dass Chur einen Bischofssitz hatte. Dieser besass im Mittelalter auch eine sehr enorme weltliche und politische Bedeutung. Das Amt war wohl auch darum sehr begehrt und nur wenigen gelang es diesen Thron zu besteigen. Nur einem einzigen aus dem ganzen grossen Einzugsgebiet unserer Vereinigung ist dieser Schritt gelungen. Deshalb glaube ich es lokalgeschichtlich begründen zu können, Ihre Aufmerksamkeit etwas auf diese Person und die Zeitumstände jener längst vergangenen Epoche zu lenken. So gross wie der Zudrang meistens war, so gross war er auch damals im November 1237 als gleich 2 Kandidaten als gewählt erklärt wurden: Volkard von Neuenburg (kaiserlich) und Kanonikus Konrad von Embrach (päpstlich). Dieser Wahl wollen wir ein bisschen nachgehen und versuchen herauszufinden, wie es dazu kam und wie es weiterging.

Sigel von Bischof Volkard (Jb. HAGG 1944)

Papst und Kaiser hatten wieder einmal Streit miteinander. Wie kam es dazu?

Nach dem Niedergang der Karolinger, welche eine starke Stütze des Papsttums waren, geriet das Papsttum in den Einflussbereich des recht zerstrittenen römischen Adels und die Tiara wurde zu dessen Spielball. Dieser unwürdige Zustand dauerte etwa von 880 bis' ums Jahr 960 als Kaiser Otto der Grosse vom Papst zu Hilfe gerufen, nach Rom reiste und Ordnung schaffte. Dafür verlangte der Kaiser vom Papst das Recht, Bischöfe und Aebte, die zu dieser Zeit alle weltliche Grundherren waren, nach seinem Belieben einzusetzen. Dies ging eine Zeitlang so recht und schlecht, doch auf die Dauer war dieser Zustand mit den Prinzipien des Papsttums unvereinbar, und es kam zum unglückseeligen und langwierigen Investiturstreit der 1122 mit dem Wor mserkonkordat zu Gunsten des Papstes ausging. Wir haben es mit den folgenden Kaiserhäusern zu tun: Karolinger:

768 - 918 Sächsische Kaiser (Ottonen):

919 - 1024 Fränkische Kaiser (Salier):

1024 - 1137 Hohenstaufen (Staufer):

1138 - 1254 Kaiserlose Zeit:

1256 - 1273 Rudolf von Habsburg:

1273 - 1291 Damit kämen wir zur ungefähren Zeit des Rütlischwures. Die Hohenstaufen oder Staufer waren ein Deutsches Kaisergeschlecht schwäbischer Herkunft. Die Familie erhielt 1097 das Herzogtum Schwaben und kam 1138 mit Konrad III auf den deutschen Kaiserthron. Weiteren Besitz besassen sie im Elsass und in Franken. Dazu kam 1194 noch die Erwerbung des normannischen Königreiches Sizilien-Neapel. Zur Zeit, welche für uns in Frage kommt, sah also Europa so aus: Deutschland, Oesterreich, die Schweiz und Norditalien im Norden und das Königreich Neapel-Sizilien im Süden, alles in der Hand des Kaisers. Mitten in Italien aber, von beiden Seiten eingeklemmt, der Kirchenstaat, den der Kaiser ebenfalls unter seine Hand zu bringen versuchte. Dies dürfte der reale Hintergrund des Streites gewesen sein. Für Eidgenossen mit den Erinnerungen des letzten Weltkrieges, sollte eigentlich etwas Verständnis für die Situation und Abwehr des eingekesselten Kirchenstaates ,,drin liegen". Vielleicht sind an dieser Stelle ein paar Worte über den Kirchenstaat am Platze. Einen Staat der mehr als anderthalb Jahrtausende, von 329 bis 1870 einen recht respektablen Flecken damaliger Europakarten bedeckte.

Im Jahre 329 verlegte der römische Kaiser Konstantin seine Residenz von Rom nach Konstantinopel und schenkte die Stadt Rom dem Papst. Diese Schenkung bildete juristisch den Grundstein zum Kirchenstaat. Faktisch aber - ein Staat kann ja nicht mit Juristerei allein aufgebaut werden - hat sicher am meisten die Tatsache dazu beigetragen, dass nach dem Wegzug der kaiserlichen Administration, nichts und niemand vorhanden war, das so etwa wie ein Staat hätte funktionieren können - ausser eben der Kirche.

754 wird dieser Stadtstaat durch eine Schenkung Pipins des Kurzen erweitert.

Diese Schenkung wurde in der Folge von späteren Kaisern immer wieder bestätigt, sogar 1213 von Kaiser Friedrich II in der Goldenen Bulle von Eger. Dieser Kirchenstaat, der ganz Mittelitalien umfasste, überdauerte alle die verschiedenen Hoch und Tief, die der Lauf der Geschichte mit sich brachte, bis schliesslich 1870 ein gewisser Garibaldi, vom ganzen liberalen Europa unterstützt, am 20. September mit seinem Einmarsch in Rom den Papst in die Flucht trieb und das Königreich Italien sich dessen Güter aneignete. - Gewiss gab es in diesem Staat Misstände und Ungereimtheiten, wie überall auf der Welt, aber auch viel Licht und Sonne. Kaum ein zweiter Staat hat soviel zur Hebung der Künste (Architektur, Malerei, Bildhauerei etc) beigetragen. Die Zeiten des Kirchenstaates gelten zu Recht als die goldenen Zeiten Italiens. - Doch genug davon. Unser Thema ist ein anderes. Durch den Streit zwischen Papst und Kaiser war ganz Europa gespalten. Ein Nebenprodukt dieser Spaltung war die Entwicklung in den Waldstätten. Schwyz und Obwalden waren im kaiserlichen Lager, während Nidwalden, Uri und Luzern auf päpstlicher Seite standen. Schwyz erhielt 1240 vom Kaiser aus Faenza den ersten Freiheitsbrief und wohl damit in Zusammenhang stehen die Fehden der Schwyzer gegen die papsttreuen Klöster Einsiedeln und Schännis. Ohne diese Spaltung wäre es im kleinen Raum um den Vierländersee wohl kaum zu vier Kantonen gekommen.

Doch zurück zu Volkard. Seine Herkunft von der Neuenburg bei Untervaz wird eigentlich von niemand bestritten. Seine Familie, die Thumb von Neuburg erscheinen 1152 erstmals urkundlich. Die gleichnamige Neuenburg bei Götzis, im Vorarlberg, kam erst 1230 in den Besitz der Familie Thumb. Die Herkunft der Familie und der Sinn des Namens liegt völlig im Dunkel. Eine eigenartige Deutung gibt eine Urkunde aus dem Jahre 1247, in welcher ein ,,Eberhardus dictus Stultus" erwähnt wird. Das lateinische Wort: Stultus, entspricht aber dem deutschen Worte: dumm !! Ob aber dieses nicht gerade schmeichelhafte Prädikat zutreffen muss, wage ich zu bezweifeln. Bereits 1220 ist ein Thumb von Neuburg als Propst, der zur Benediktinerabtei Einsiedeln gehörenden Propstei St. Gerold im Kleinen Walsertal, bezeugt. - Und widmeten sich doch zwischen 1219 und 1297 acht Mitglieder der Familie dem geistlichen Stande, wovon deren sieben die Domherrenwürde der Kathedrale von Chur erhielten. Dies könnte zwar auf den ersten Blick ein Beweis für den bis zum Ueberdruss zitierten, niederen Bildungsstand des damaligen Klerus sein, wenn nic ht der grösste Kenner rätischer Urkunden: Franz Perret, in einer Fussnote zum Jahre 1230 die Urkundenschreibstube (Scriptorie) auf der Neuenburg im gleichen Atemzuge mit den Scriptorien von Pfäfers, Müstair und St. Luzi nennen würde. Und nach einem Urteil aus gleicher Quelle hat das rätische Mittelalter etwas besseres als Pfäfers nicht zu bieten. Die Familie stammte mütterlicherseits von Karl dem Grossen ab und gab das Blut der Karolinger an die Planta und den späteren Bündneradel weiter. Dieser Umstand darf in der späteren Bündner Geschichte nicht zu nebensächlich eingestuft werden. Aber nicht nur Kleriker, sondern auch eine ganze Anzahl Ritter, Krieger und Raufbolde zählten zu den Thumben, die in alle möglichen Händel der damaligen Zeit verstrickt waren. Aber es gelang ihnen nicht, in Untervaz eine eigentliche Herrschaft zu errichten, wie dies andere Adelige im nahen Haldenstein fertigbrachten. Dass dies jedoch versucht wurde, muss angenommen werden. Aus einer Urkunde des Klosters Pfävers lässt sich einiges kombinieren. Im Jahre 1211 bestätigte Abt Konrad von Pfävers verschiedenen Leuten von Untervaz ihr durch Zeugenbeweis festgestelltes Ministerialenrecht. Es folgen 7 Namen von Untervazern, die also das Dorf als Stellvertreter des Abtes regierten; sozusagen ein Gemeinderat von Pfävers abhängig. Die Vazer kannten übrigens bis 1878 die Einrichtung eines ,,Siebenköpfigen Gemeindehauptes". Erst damals wurde im Zuge einer neuen Gemeindeverfassung die Zahl der Gemeinderäte von 7 auf 5 reduziert. Wer anders als die Thumben könnten die altersessenen Rechte bedrängt haben? Ohne Zweifel ist diese Urkunde ein Zeichen dafür, dass die Vazer sich lieber den bedächtigen und sehr oft auch gütigen Klerikern im nahen Pfävers untertan wissen wollten, als in die Hände, unruhiger und leicht zu Spekulationen neigender, Adeliger zu geraten. Versprach doch das Stift Pfävers sehr viel mehr gedeihliche Ruhe und Konstanz, als der durch Fehden und Erbteilungen doch sehr stark wechselbare Adel. Von Volkards Vater wissen wir, dass er 1219 in der Kathedrale von Chur beerdigt wurde und Redulfi hiess. Sein Grab hatte er, wie wohl die meisten Thumben, in der Kathedrale von Chur, just in der gleichen Ecke wo seit 1639 ein anderer bedeutender Bündner: Jürg Jenatsch, auf die Trompeten des letzten Gerichtes wartet. Noch heute zeugt ein dem Waltensburger Meister zugeschriebenes Wandbild mit dem Wappen der Thumben von den vielen Banden, die diese Familie mit der Kathedrale von Chur geflochten hatte. Im gleichen Jahre 1219 finden wir Kanonikus Volkard in der Stadt Plurs, wo sich Arnold von Matsch, Bischof von Chur, und die Stadt Como über einen Frieden einigen und Vereinbarungen über die gegenseitige Gutmachung von Kriegsschäden aushandeln. Weiter treffen wir den Kanoniker Volkard als Zeugen 1220 in einer Schenkung an das Kloster St. Luzi und 1224 oder 1225 in einem Spruche über die Teilung der Zehnten der Kirche von Bendern, 1228 im November zu Glurns bei einem Vergleich zwischen dein Bischof von Chur und dem Grafen von Tirol. - Diese wenigen Daten lassen vermuten, dass Volkard wohlgerüstet und mit den Händeln des Landes recht vertraut, in die Bischofswahl gestiegen sei. Doch es ging ihm nicht ganz nach Wunsch. Die päpstliche Partei unter den wahlberechtigten Kanonikern war sehr stark. Der Dekan, der Kustos und andere Domherren hielten an ihrem Kandidaten fest und wandten sich an den Papst. Dieser beauftragte eine 3-er Kommission, bestehend aus dem Bischof Heinrich von Konstanz, dem Abt von St. Urban und dem Dompropst von Speyer, mit der Untersuchung der Bischofswahl, während sich

Volkard streng an den Dienstweg hielt und zum Erzbischof von Mainz reiste. Dieser (Siegfried III) ebenfalls kaiserlich gesinnt, bestätigte den Volkard, - Chur war damals dem Erzbischof von Mainz untergeordnet - und weihte ihn am Palmsonntag den März 1238 in Mainz zum Bischof. Inzwischen nahm die Untersuchung des Bischofs von Konstanz und seiner beiden Helfer ihren langsamen Gange Wenn wir glauben wollen, was der Disentiser Pater Urban Affentranger in seiner 1975 erschienenen Dissertation über die Bischöfe von Chur schreibt, so warfen die Gegner Volkard vor, er hätte unrechtmässig mehrere Benefizien besessen und andere nicht näher genannte üble Vergehen verübt. - Begründete Vorwürfe oder blosse Wahltaktik? Wir wissen es nicht. Der Bischof von Mainz nahm den Churer Oberhirten fest in seinen Schutz und der Auftrag der 3-er Kommission scheiterte, weil der Dompropst von Speyer starb und der Zisterzienserabt Marcellinus von St. Urban sein Amt niederlegte. Der Papst arbeitete weiter an einer friedlichen Lösung und übertrug am 13. Juni 1240 dem Bischof Ubertus von Como die Untersuchung des Wahlstreites. Leider ist uns das Urteil nicht überliefert, doch zweifelt niemand, dass Papst Gregor IX den Volkard als rechtmässigen Oberhirten von Chur anerkannte. Der Kampf mit seinen Gegnern dürfte Volkard viele Auslagen verursacht haben, und wohl damit in Zusammenhang steht die 1239 erfolgte Verpfändung des Münstertales an den Edlen Hartwig von Matsch, für 500 Mark Silber. Bin Ereignis von grosse r Tragweite für die spätere Bündnergeschichte --Im Herbst 1241 aber dürften die Wahlstreitigkeiten endgültig ein Ende gefunden haben, denn um diese Zeit weilte Volkard in Zürich und traf dort mit Handeisleuten aus Siena eine Vereinbarung um Abtragung einer Schuld seines Vorgängers und deren Sicherstellung durch Pfand. Bei diesem Abkommen, am 29. Oktober 1242, wirkte sein Gegenkandidat als Zeuge mit und nennt sich ausdrücklich Propst von Embrach. Ob diese Doppelwahl einfach das Ergebnis von zwei ungefähr gleichstarken Parteien im Churer Domherrenkollegium war, oder ob wirklich Kaiser und Papst bei dieser Wahl die Hände im Spiel hatten, lässt sich nicht genau sagen. Es könnte immerhin sein, dass die Anhänger Konrads erst nachträglich aus der Entzweiung zwischen Papst und Kaiser Kapital zu schlagen versuchten und seine päpstliche Gesinnung hervorhoben. Um die treue, stauferfreundliche Haltung Volkards zu verstehen, müssen wir etwas zurückblenden. Schon 1212 hatte der Churer Bischof Arnold von Matsch, den nach Deutschland reisenden, jungen Friedrich gastreich in Chur aufgenommen. Es könnte sein, dass der 1219 erstmals als Kanoniker von Chur erwähnte Volkard den Kaiser bei dieser Gelegenheit getroffen hat und was dürfte näherliegen, den jungen, strahlenden Heldenkaiser auch bewunderte und ihm seine Sympathien schenkte, die allen Wechselfällen zum Trotz, ein ganzes Leben lang anhalten sollten.

Einem 1951 in der Bündnerpresse erschienen Artikel zum 700. Todestag von Volkard, entnehmen wir sogar, dass vermutlicherweise der Kaiser ,seinen Weg über die Neuenburg nach Pfävers genommen haben soll (P. Alban Stöckli). Wie dem auch sei? In diesem Punkt möchte ich mich nicht festlegen, schon wegen den hier anwesenden Freunden aus Zizers nicht --gehört doch das Privileg des Kaiserverkehrs dem Kreishauptort. 1!!

Im Frühjahr 1236 beschloss Friedrich II den Krieg gegen den Lombardischen Bund. Dem Kaiser gelang es die widerspenstigen Lombarden am 27. November 1237 bei Cortenuova entscheidend zu schlagen, und als der Kaiser seinen Sohn Enzio im Oktober 1238 mit Adelasia, der Erbin von Sardinien vermählte und ihn zum König dieser Insel bestimmte, war der Kirchenstaat restlos umzingelt und eingeschlossen. Papst Gregor IX nahm denn auch dieses Ereignis zum Anlass, offen mit dem Kaiser zu brechen. Am Palmsonntag, den 20. März 1239, verhängte er über den Kaiser den Bann. Damit begann der Endkampf des Papsttums gegen die Staufer, der erst mit deren Vernichtung enden sollte. Zwei Jahre später, auf Ostern 1241, berief der Papst ein Konzil nach Rom ein, um über wichtige Angelegenheiten der Kirche und die Absetzung des Kaisers zu beraten. Aber Friedrich unterband mit Gewalt die Versammlung. Er liess alle Prälaten, deren er habhaft werden konnte, einsperren. Des hohen Alters wegen überlebten nicht alle Eingesperrten die Gefangenschaft, was den Ruf des Kaiser nicht eben förderte. Noch im Sommer des gleichen Jahres unternahm der Kaiser einen Versuch, die Stadt Rom einzunehmen; da starb der Papst ende August. Der Tod Gregors IX hat aber den von ihm entfesselten Kampf nicht beendet. Unter seinem Nachfolger Innozenz IV, der von 1243 bis 1254 regierte, gelangte die Theorie und Idee von der päpstlichen Machtvollkommenheit zu einem ungeahnten Höhepunkt. Eine Aussöhnung mit dem Kaiser scheiterte wegen der ungelösten Lombardenfrage. Friedrich nahm wieder einen Anlauf die Stadt Rom zu erobern, und Innozenz musste Rom verlassen, floh nach Lyon und beriet dorthin auf den 24. Juni 1245 ein allgemeines Konzil ein. Am 17. Juli gab er die Absetzung des Kaisers bekannt und rief zu einer Neuwahl auf. Wie in andern Bistümern, lösten diese Vorgänge auch im Bistum Chur Reaktionen aus. Noch vor der Konzilseröffnung traf in Chur ein päpstliches Schreiben ein, das den Bischof und Klerus der Stadt und ganzen Diözese Chur bat, den Versprechungen des Kaisers keinen Glauben zu schenken. Wie weiter aus diesem Schreiben hervorgeht, hat offenbar der Kaiser versprochen, Volkard werde aus dem Konflikt zwischen ihm und dem Papst ungestraft hervorgehen - ein Satz der vorausgegangene Anfragen Volkards sowohl beim Kaiser wie beim Papst vermuten lässt. Volkards erste Stütze, der Bischof von Mainz, hatte schon 1242 mit dem Kaiser gebrochen und verlangte, wie von allen ihm unterstellten Bischöfen, auch vom Churer Oberhirten, ein Fünftel der Bistumseinnahmen für seinen Krieg gegen den Kaiser, doch scheint dieser Zahlungsbefehl in Rätien ohne Wirkung gewesen zu sein. Von einer Zahlung ist nichts bekannt, und Volkard blieb weiterhin, trotz des grossen Umschwunges, - - auf Seite des Kaisers - ja er erhielt zudem noch Geld um für die Sache Friedrichs zu werben. Völlig ungeschoren kam indes auch Volkard nicht davon. Der 1246 nach Deutschland reisende Legat des Papstes belegte Bischof Volkard mit Bann und Suspension. Dass dieser Bann in Rätien nicht blosses Papier blieb, bezeugt eine am 23. Mai 1248 in Lyon ausgestellte Urkunde, die es dem Abt und Konvent von Pfävers erlaubte, im Kloster bei geschlossener Türe und ohne Glockengeläute, Gottesdienst zu feiern, waren doch durch das Interdikt alle öffentlichen Gottesdienste im ganzen Bistumsgebiet untersagt. Pfävers und auch Disentis waren damals bereits papsttreu, was bedeutete, dass dem Kaiser der Lukmanier verschlossen blieb. Dies konnte von Friedrich zwar ohne Probleme verschmerzt werden, weil er 1239/40 den Rapperswiler Grafen das Tal Ursern und damit den Gotthardpass anvertraute. Ebenfalls ungehindert standen ihm der Septimer und Splügen offen, weil Como bis 1249 zum Kaiser hielt. Von Lyon aus entfaltete der Papst eine lebhafte Tätigkeit um den Bischof von Chur für sich zu gewinnen. Der Papst bat, forderte, befahl, machte Versprechungen usw. usw. Mit einer Taktik, die derjenigen eines Jenatsch

würdig an die Seite gestellt werden darf, verlegte sich Volkard auf eine wenig ehrenvolle Hinhaltetaktik. An den Hof des Papstes sandte er einen Vertrete; der versprach, dass der Churer Bischof sich fügen wolle. Es war Volkard aber nicht ernst damit, und gestützt auf eine knappe Mehrheit im Domkapitel gelang es ihm immer wieder, die Macht des Papstes im Bistum nicht überhand nehmen zu lassen. Er behauptete sich im Besitze des Bistums bis zu seinem Tode. Dass die Klöster Disentis und Pfävers nach 1244 päpstlich waren, haben wir bereits gehört. Das Stift Marienberg im Vintschgau wurde durch die sinkende Macht des Kaisers ebenfalls veranlasst, 1249 beim Papst Zuflucht zu suchen und sich von Friedrich abzuwenden. Dass dieses Kloster dem Churer Bischof sehr verpflichtet war, und dass dessen Abfall Volkard tief geschmerzt haben dürfte, geht aus einer Reise des Marienberger Stiftsvogtes an den Papst hervor, der diesen um Hilfe anflehte. In der Folge beauftragte der Papst am 7. März 1251 den Propst von Gries bei Bozen, das Stift gegen die Geldforderungen des Churer Oberhirten zu schützen. Schänis und die sehr bedeutende St. Galler Abtei wechselten ebenfalls ins päpstliche Lager. Nur St. Luzi und das Kloster Churwalden dürften kaiserlich geblieben sein, wohl der Nähe zu Volkard wegen. Die Lage Volkards wurde immer bedenklicher weil der grösste Teil des Adels Churrätiens und des Bodenseeraumes vom Kaiser abfiel und dem mächtigen Grafen von Kyburg gelang es, den Abfall vom Kaiser laufend zu vergrössern. Heftig bedrängt wurde der mächtige Graf Hugo II von Montfort, der die Grafschaft Bregenz und Unterrätien innehatte und es wagte, den Staufern die Treue zu halten. Ebenfalls zum Kaiser und zu Volkard dürften die wichtigen Freiherren von Vaz gehalten haben, doch sind dies nur Vermutungen. In diesen Wirren suchte Volkard feste Stützpunkte zu schaffen. Er erbaute Guardaval im Oberengadin und die Feste Fridau bei Zizers, deren Vollendung aber in die Zeit seines Nachfolgers fiel. Weiteres über die Fridau bei Zizers ist sicher den meisten Zuhörern bekannt aus: Joh. Ulr. Meng: Vom Königshof zum Schelmenturm. Indessen gab es jedoch auch in diesem Wirrwar Schlaumeier, welche sich die Situation zu Nutze zu machen versuchten. So der Viztum von Flums der in Volkards Bedrängnis versuchte, sich am Bischofsland zu bereichern. Dieser Viztum Heinrich von Flums, liess sich zudem im Uebermut hinreissen, das Bistum zu schädigen und geschuldete Abgaben und Zinsen nicht zu leisten. Sehr tatkräftig und recht energisch zog Volkard 1249 das Viztumat ein. Doch bald reute ihn sein hartes Vorgehen und er beliess diesem die Burg als Leiblehen mit der Verpflichtung, dass auch die sechs Burgknechte mit ihren Kindern, lebenslänglich daselbst Wohnung haben sollen. Dieser Lichtblick zeigt uns einen ganz anderen Volkard, mutet uns doch die gezeigte Mässigung und soziale Gerechtigkeit eher modern an.

Eine Reihe von anderen Taten zeigen uns einen recht umsichtigen Verwalter des Bistums. 1239 unterstützt er eine Sammlung zugunsten des Hospizes Sta. Maria. Im gleichen Jahre unterstützt er einen Priester Johannes bei der Gründung des Hospizes Silvaplana. Dass Volkard bei der Wahl, der ihm unterstellten Männern eine recht glückliche Hand haben konnte, zeigt die am 18. Mai 1244 erfolgte Verleihung des Kanzleramtes im Oberengadin an Andreas Planta. Damit begann der Aufstieg dieser aus Bünden nicht mehr wegzudenkenden Familie. Im gleichen Jahr 1244 finden wir Volkard in der Abtei Pfävers, zusammen mit Abt Anselm von Einsiedeln, Graf Rudolf von Rapperswil und Propst Ulrich von Fahr, bei einem Tauschgeschäft als Siegler.

Ebenfalls 1244 kam es zu Anständen mit dem Vogt von Aspermont wegen Einkünften, die im August 1244 entschieden wurden. 1243 übertrugen die Freiherren von Vaz, im Beisein des Bischofs, Güter und Zehnten an das staufische Kloster Salem. 1246 übertrug er die Kirche von Paspels dem Probst von Churwalden und ebenfalls im gleichen Jahr dem Freiherren Walter III von Vaz, das Gut Luzein, das dieser bisher lehensweise innehatte. Als Gegenleistung erhielt Volkard einen Hof in Vaz, den er zugleich dem Vazer als ,sehen übergab. Das Gut in Luzein schenkte Walter III in der Folge dem Kloster St. Jakob, im Prättigau, das vermutlich auf Initiative der Vazer in der 1. Hälfte des 13. Jahrh. als Tochterkloster von Churwalden gegründet wurde. Noch heute erinnert der Name "Klosters" an diese Abtei. - 1247 inkorporiert Volkard die Kirche von Bludenz der Dompropstei. Sie sehen, alle diese Händel hatten das klare Ziel, die Macht der staufischen Anhänger zu vergrössern. Dies war auch bitter nötig, denn die Anhänger des Papstes übernahmen immer mehr die Offensive. 1247 versuchten diese sogar dem Kanoniker Rudolf von Beromünster in Chur ein Benefizium zu erlangen und auf Bitten der Kiburger forderte der Papst in einem Schreiben den Propst und das Domkapitel auf, den Notar der Kiburger als Kanonikus aufzunehmen. Die Kiburger versuchten alles, Volkard von seinem Sitz zu stürzen und alle seine Handlungen zugunsten der Staufer zu unterbinden. So auch im Oktober 1247, als Volkard den Magister und Scholasticus Walter von Reutlingen feuerte und aus dem Doppelamt zwei Aemter machte und an zwei seiner Neffen verliehen hatte, ernannte der Papst (wohl auf Drängen der Kiburger) eine Untersuchungskommission, welche aus dem Prior der Prediger und dem Guardian der Minderbrüder von Konstanz, sowie dem Propst von St. Gallen bestand. Wie nicht anders zu erwarten, gelang es diesen Beauftragten des Papstes nicht, die Anordnung des Churer Bischofs rückgängig zu machen. Die finanziellen Mittel, die dem Bischof zur Verfügung standen, mussten für den Kampf gegen das Papsttum eingesetzt werden. Dabei war man mitten im Bau der Churer Kathedrale (1155 - 1272) !!! Wie Sie sehen, sehr verehrte Zuhörer, ist Kirchengeschichte nicht immer heile Welt. Stellen Sie sich heute solche Zustände vor. Der Bau zögerte sich auch dementsprechend lange hinaus.

Allerdings setzte sich Volkard für die Ausstattung der Kathedrale ein. Er selber übergab der Kirche 10 Mark Silber zur Anfertigung von Bildern der Mutter Gottes und der Heiligen Luzius und Florin, während der Abt von Disentis einen Altar zu Ehren der Klosterheiligen Placidus und Sigisbert errichten und mit Zehnten aus Ems und Mels ausstatten liess.

Die Zeit schritt fort und der Tod der beiden Akteure auf Staufer Seite rückte immer näher. Wenige Monate nach dem Tod des Kaisers wurde auch Volkard ins Jenseits abgeholt und es blieb ihm erspart, zusehen zu müssen wie sein Nachfolger, der papsttreue Heinrich von Montfort als päpstlicher Pönitenziar und Predigermönch, das Bistum endgültig dem staufischen Einfluss entzog. Mit Volkards Tod endete eine unruhige Zeit, und sein Nachfolger konnte sich um etliches ruhiger und ungehinderter den kirchlichen Aufgaben widmen. In Kürze möchte ich noch etwas über die grossen Figuren im Hintergrund, über den Kaiser und die Päpste sagen, wenn Sie dies gütigst erlauben wollen. Kaiser Friedrich II. Wenn wir glauben wollen, was Durant in seiner 20-bändigen Kulturgeschichte schreibt, so liess Konstanze, die Gemahlin Heinrichs VI, auf dem Markplatz von Iesi bei Ancona, ein Zirkuszelt aufstellen und darin wurde sie vor aller Augen von einem Knaben entbunden, der eine der schillerndsten Figuren der Weltgeschichte abgeben sollte. Diesem Knaben, in dem sich das Blut der Normannenkönige mit dem der Staufer mischte, blieb zeitlebens etwas von einem Gaukler und Zirkusclown haften. Als 4 -jähriger wurde er in Palermo, nach dem Tode seines Vaters zum König gekrönt, und als seine Mutter im folgenden Jahre starb, bat diese in ihrem Testament den Papst Innozenz III, die Vormundschaft über den Knaben zu übernehmen. Ueber das Wieso und Warum sind wir nicht orientiert. Es gab ja um diese Zeit auch Vormünder welche recht grossen materiellen Nutzen aus ihren Mündelkindern zogen. So war z.B. Rudolf von Habsburg Vormund Annas von Kyburg und gelangte dadurch zu sehr grossem Reichtum im schweizerischen Mittelland. Von Papst Innozenz ist in dieser Richtung nichts Nachteiliges über liefert. Je nach dem Standpunkt der Berichterstatter gehen die Berichte über die Behandlung des Knaben durch den Vormund stark auseinander. Immerhin war die Erziehung nicht so hart, dass diese den doch rech t eigenwilligen Charakter des Knaben hätte brechen können. Zudem wurde ihm die wohl beste damals bekannte Bildung zuteil. Mit 12 Jahren sagte Friedrich sich von aller Vormundschaft los und übernahm die Reichsführung. Mit 14 wurde er volljährig nach damaliger Sitte und mit 15 heiratete er Konstanze von Aragon. Sofort machte er sich daran die Kaiserkrone zu erjagen. Nach dreijährigen Kämpfen mit Otto IV wurde er 1215 in Aachen zum Kaiser gekrönt und erneuerte zuhanden des Papstes, sein bereits 1212 gegebenes Versprechen einen Kreuzzug ins Heilige Land zu unternehmen. Allzu eilig ging dieses Manöver nicht vonstatten, und erst 1227 soll er 40'000 Ritter zu Brindisi versammelt haben als die Pest ausbrach und viele desertierten. Kaum stach die Flotte in See, wurde auch der Kaiser von der Seuche befallen. Die Aerzte rieten zur Umkehr und der Kaiser suchte Heilung in Pozzuoli. Der Papst, ein gestrenger Mann, verlor die Geduld und tat den Kaiser in den Bann. Sieben Monate später glückte dem Staufer ein Zug nach Jerusalem und es gab wieder Frieden mit dem Papst, bis es 1238 erneut zu Spannungen kam, von denen wir aber genug gehört haben. So extravagant wie seine Geburt, war sein ganzes Leben. Als einer der gebildetesten Männer seiner Zeit, gründete er 1224 die Universi tät Neapel, aus der immerhin ein Thomas von Aquin hervorging - ein Genie von einem Philosophen und Theologen, wie ihn Europa wohl niemals wieder haben wird. Der vertraute Umgang mit muselmanischen Führern und Denkern hatte grossen Einfluss auf ihn und seine Gegner behaupteten, er sei dem Gesetze Mohammeds mehr und gläubiger zugetan, als dem Gesetz Christi. Gleich einem türkischen Herrscher war sein Gehabe, und sein Auftreten mit dem ganzen exotischen Gefolge erregte das Staunen der damaligen Welt. Es wird aber auch überliefert, er hätte in seiner Todeskrankheit als reumütiger Christ eine Mönchskutte angezogen und auf den Mann mit der Sense gewartet, von dem er am 13. Dezember 1250 abgeholt wurde. Die Todesnachricht erregte ganz Europa. Die päpstlichen Anhänger triumphierten. Die Freunde des Kaisers vermochten den Verlust kaum zu fassen. Auch den Bischof von Chur traf die Todesnachricht hart, bedeutete das Ableben des Kaisers doch einen grossen Verlust. Seit 1212, als der junge Friedrich von Italien her, über Chur nach Konstanz reiste, um sich in Deutschland die Kaiserkrone zu erkämpfen, hatten die Bischöfe von Chur dem Staufer die Treue gehalten. Vom Kaiser erhielten sie viele Begünstigungen. Denn ging doch mit dem Untergang der Staufer die Zeit der grossen Kaiserzüge über die Bündner Pässe zu Ende. Bemerkenswert ist immerhin, dass das Churer Nekrologium den Tod des Kaisers nicht verzeichnete, sicherlich ein Zeichen dafür, dass auch in der rätischen Hauptstadt die Sympatien für Friedrich im Schwinden waren. Ehe ein Jahr um war, folgte Volkard dem Kaiser im Tode nach. Am allustag, dem 16. Oktober 1251, ist sein Tod im Churer Totenbuch verzeichnet ,und selbst das Totenbuch des 1227 gegründeten Zisterzienserklosters Wettingen verehrt ihn als Wohltäter, weil es von ihm 15 Mark Silber als Geschenk bekommen hatte. Bei den Päpsten haben wir es im behandelten Zeitraum mit fünf Gestalten zu tun: Innozenz III, der Vormund des jungen Friedrich, mit dem Familiennamen Lotario dei Conti di Segni. regierte von 1198 - 1216. Sein Wappen, das erste bekannte Papstwappen, zeigt auf rotem Grund einen schwarz/weissen, schachbrett-artig gemusterten Adler mit ausgespannten Flügeln. Mit diesem Wappen beginnt der Katalog der päpstlichen Heraldik. Ebenfalls auf Innozenz geht das Emblem der Schlüssel zurück. Jede Kirchengeschichte nennt Innozenz den grössten Papst des Mittelalters. Trotz vieler Reibereien mit dem unberechenbaren Friedrich, erreichte er 1213 mit der Goldenen Bulle von Eger, die Anerkennung des Kirchenstaates durch den Kaiser. Höhepunkt seiner Regierung war das zwölfte allgemeine Konzil im Lateran. Dieses wichtigste Konzil des ganzen Mittelalters legte den Grundstein zu dem, was später Klerusdisziplin genannt wurde. Geistig und theologisch war Innozenz ganz ein Vorläufer von Thomas v. Aquin. Sein Nachfolger Honorius III (Cencio Savelli) regierte von 1216 bis 1227. Seine ganze Amtszeit wurde ihm durch den unseligen Kampf mit Friedrich II., vergällt. Die Unerfahrenheit des friedfertigen, gütigen Papstes wurde vom Kaiser schamlos ausgenützt. Ein stärkerer Wind wehte für Friedrich aber wieder unter Papst Gregor IX (Ugolino dei Conti di Segni 1227 - 1241, der den Kaiser recht bald in Bann setzte. Nach verschiedenen Auf und Ab, Krieg und Waffenruhe, kam es 1241 zum „Konzil welches nicht stattfand“, weil Friedrich eine genuesische Flotte kaperte und über hundert Prälaten gefangen nehmen liess. Eine Tat, die den Kaiser vor der ganzen Welt ins Unrecht setzte. Der nächste an der Reihe hiess Cölestin IV (Goffredo Castiglione) aus Mailand. Seine Wahl kam im ersten uns bekannten Konklave zustande, wenn man den Umstand, dass Matteo Orsini, der Senator von Rom, alle Kardinäle einkerkerte, so bezeichnen möchte. Sein Wahltag war der 25. Oktober 1241 und schon am 10. November nahm ihm ein gnädig er Schnitter mit Sense und Stundenglas, nach nur 17 Tagen Regierungszeit die dreifache Krone wieder ab. Auf 17 Tage Regierungszeit folgten 20 Monate Sedisvakanz. Ein Teil der Kardinäle floh nach Anagni, der andere blieb in Rom und so kam lange keine Einigung zustande. Das Konklave von Anagni ist noch heute im kleinen Städchen lebendig, wie ich es selber erleben konnte. Eine Wahl sei erst zustande gekommen, als ungeduldige Bürger den Eingeschlossenen das Dach über den Köpfen abdeckten. So wurde es mir wenigstens dort erzählt. - Se non è vero, è ben trovato - Italien ist voll von solchen Geschichten. Muss es denn immer wahr und beweisbar sein? Ich meine: es kommt doch auch auf das ,,ben trovato" an.

Innozenz der IV. Sinisbaldo Fieschi, Graf von Lavagna regierte von 1243 - 1254 und triumphierte schliesslich über den Kaiser, als diesem 1250 die Ruhr den Rest gab. Er war seinem kaiserlichen Gegner mit grossem und imponierendem persönlichem Mut begegnet und diesem, ohne den Kampf zu scheuen, gegenübergetreten. Zwar wird er von seinen Zeitgenossen als mehr Jurist denn Christ geschildert und vergeblich schlug er die Mahnungen des Königs von Frankreich, Ludwig IX in den Wind, sich mit dem Kaiser zu versöhnen und sich zu arrangieren. Zu leidenschaftlich und zu hitzig war sein Temperament und die Zeit kam ihm zu Hilfe. 1243 in Anagni gewählt, floh er vor dem Kaiser bereits 1244 nach Lyon um erst 1251 nach dessen Tod nach Perugia zurückzukehren. Auf einem Kriegszug gegen Friedrichs Nachfolger starb er 1254 zu Neapel.

Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, Wir kommen nun zum Schluss. Verzeihen Sie mir, dass ich etwas lang geworden bin und oft manches etwas weit herholte, aber die Welt besteht nicht nur aus unserer Region allein und jeder Mensch, auch Volkard von Neuenburg, hat das Recht im Lichte eben s e i n e r Zeit gesehen zu werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld.

burgenverein-untervaz.ch/annodomini/pdf/1982-4

Notizen Geschichte zur Ruine Neuenburg


http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini/annodomini_1980-2002.html

http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini/pdf/1981-3%20Notizen%20zur%20Neuenburg.pdf









Stetten - Eibenberg/Yburg - Konrad Thumb von Neuburg


Ruine Yburg und Schloss Stetten

Aus den Weinbergen bei Stetten im Remstal, heute Teil der Gemeinde Kernen, ragt weithin sichtbar die Ruine Yburg empor. Das Steinhaus wurde zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert erbaut und um 1500 vergrößert. 1760 wurde das »Schlösslein« zum großen Teil abgerissen.

Ein anderes Schloss, dessen Anfänge auf das 13. Jahrhundert zurückgehen, steht am Ortsausgang in Richtung Endersbach und war im 16. Jahrhundert im Besitz der Familie Thumb von Neuburg. Damals entstanden der sogenannte Bonn´sche Bau, das Kernstück der Schlossanlage, und der Liebenstein´sche Bau. Später wurde Schloss Stetten an die Herzöge von Württemberg verkauft. Herzog Eberhard Ludwig ließ, vermutlich vom Hofbaumeister Frisoni, 1722 einen weiteren Bau anfügen als Wohnsitz für seine Mätresse Wilhelmine von Grävenitz. 1864 wurde das Schloss Heil- und Pflegeanstalt. In dieser Tradition arbeitet die heutige Diakonie Stetten, die 1999 das 150-jährige Bestehen feiern konnte, bis heute.

Anschrift:
Ruine Yburg
bei Stetten
71394 Kernen i.R.


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Die Herren von Stetten

Mitte des 13. Jahrhunderts wurde Stetten erstmals urkundlich genannt. Am 02. Februar 1241 verkauften die Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg einen Hof an das Kloster Heiligenkreuztal. Als Zeuge wird ein "Eberhardus dapifer de Stetin" (Eberhard, Truchsess von Stetten) genannt. Truchsesse waren leibeigene Dienstmänner der Grafen von Württemberg. Sie hatten die Rolle des ersten Hofmarschalls.

Das Dorf Stetten wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verkauft. Um 1300 wurde die Y-Burg oberhalb des Tales errichtet. Anfangs trug sie den Namen Eibenberg der über "Yberg" zu "Yburg" mutierte. Die Burg wurde seit 1442 nicht mehr bewohnt und in den Jahren 1760 und 1761 bis auf die Zargen-Mauern abgebrochen. Zwischen 1384 und 1387 wurde das Stettener Schloss im Tal gebaut. Ab 1507 herrschten die Herren von Thumb in Stetten. Der württembergische Erbmarschall Konrad Thumb von Neuburg kaufte Stetten. Seine Nachfahren regierten bis 1645 in Stetten; 1664 wurde Stetten dann an Herzog Eberhard III. verkauft. Zeitweise war es Witwensitz der Frauen verschiedener Herzöge. Auch Wilhelmine von Grävenitz, Mätresse des Herzogs Eberhard Ludwig, residierte 19 Jahre lang als Ortsherrin in Stetten.

Bis heute konnte sich der Teilort seinen ursprünglichen, mehr ländlich strukturierten Charakter erhalten. Dafür mag nicht zuletzt ausschlaggebend sein, dass die Ortschaft auch heute noch einer der bedeutendsten Weinorte in Baden-Württemberg und ein beliebter Ausflugsort ist.

http://www.kernen.de/kerneninfo/historisches.htm

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Stetten

1241 wurde Stetten das erste Mal urkundlich genannt. Am 2. Februar 1241 verkauften die Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg einen Hof an das Kloster Heiligenkreuztal. Als Zeuge wird ein "Eberhardus dapifer de Stetin" genannt. (= Eberhard, Truchsess von Stetten)

Truchsesse waren leibeigene Dienstmänner der Grafen von Württemberg. Sie hatten die Rolle des ersten Hofmarschalls. Bei wichtigen Entscheidungen waren stets die Herren Truchsessen von Stetten als Hofbeamte der Württembergischen Grafen und Herzöge dabei.

Das Dorf Stetten wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verkauft.

Um 1300 wurde die Y-Burg oberhalb des Tales errichtet. Anfangs trug sie den Namen Eibenberg der über "Yberg" zu "Yburg" mutierte. Die Burg wurde seit 1442 nicht mehr bewohnt. Im Jahre 1760/61 wurde sie bis auf die Zargen-Mauern abgebrochen.

Zwischen 1384 und 1387 wurde das Stettener Schloss im Tal gebaut.

Ab 1507 herrschten die Herren von Thumb in Stetten. Der württembergische Erbmarschall Konrad Thumb von Neuberg kaufte Stetten. Seine Nachfahren Johann Friedrich Thumb, der erste bis vierte herrschten bis 1645 in Stetten.

1664 wurde Stetten an Herzog Eberhard III. verkauft.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stetten_im_Remstal



Nach dem Tod des Erbmarschalls Konrad Thumb von Neuburg im Jahr 1525

Köngen von der Reformation bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges


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Nach dem Tod des Erbmarschalls Konrad Thumb von Neuburg im Jahr 1525 wurde das Erbe unter seine Söhne Hans Konrad und Hans Friedrich aufgeteilt.
Hans Konrad, der älteste Sohn Konrad Thumb von Neuburg, erbte neben Würde eines Erbmarschalls das Lehen Stettenfels mit dem Dorf Gruppenbach sowie die Herrschaft Stetten im Remstal.
Im Jahr 1527 verkaufte Hans Konrad Stettenfels und Gruppenbach. Diesem Verkauf standen zwei Neuerwerbungen gegenüber: 1540 Herrschaft Neuburg mit dem Dorf Mammern am Bodensee, 1542 das am Neckar gelegene Schlossgut Hammetweil.


Hans Friedrich fielen neben dem Besitz in Köngen auch die Herrschaften Mühlhausen an der Enz, Untersielmingen und Harthausen zu. Über Jahrzehnte hinweg bekleidete er das Amt eines württembergischen Obervogts im nahe gelegenen Kirchheim.

Hans Friedrich und Hans Konrad, waren Vorkämpfer der protestantischen Bewegung in Württemberg.


Die Vorgänge während der Reformationszeit

Ende des Jahres 1526 verweigert Hans Friedrich in seiner Herrschaft Untersielmingen die Zahlung von Abgaben an den Bischof von Konstanz. Nachdem die Zahlungen an den Bischof bis 1529 ausblieben, wurde der dortige Pfarrer (Jakob Zech) von der Verwaltung des Bistums in Bann geworfen.
Im Dezember 1529 übernahm Hans Friedrich die Verantwortung für das Ausbleiben der Zahlung. Als Begründung führte er an, dass seine Herrschaft ein vom Kaiser verliehenes Reichslehen sei.

In Köngen wurde die Lehre Luthers 1526 auch von der Kanzel aus verbreitet. Anfang 1527 beschwerte sich die bischöfliche Kurie beim habsburgischen Reichsregiment über den Köngener Pfarrer. Im Wortlaut: "Der Pfarrherr und Prediger zu Küngen ist ein ganz lutterischer Prediger, uffrührisch und verfüherisch, verschmecht die heiligen sacrament und heißt die heilige Meß des Teufels Gespänst." Gleichzeitig wurde der Pfarrer aufgefordert, sich am Bischofssitz Konstanz zu rechtfertigen.
Hans Friedrich die Vorladung seines Pfarrers ab. Am 19. Juni 1527 verlangte er in einem Schreiben an den Bischof die Einstellung des Prozesses gegen seinen Geistlichen und versicherte, dass sich dieser "fromm und priesterlich" verhalte. Ein Einschreiten des kaiserlichen Regiments in Köngen ist nicht bekannt. Der Pfarrer blieb in seinem Amt.

Anfang 1532 beschwerte sich der Denkendorfer Probst bei den Stuttgarter Räten über die pro-protestantische Einstellung von Hans Friedrich und seinem Pfarrer. Die Beschwerden wurden am 12. Mai 1532 an König Ferdinand weitergeleitet, der den Befehl gab, dieses "irrige und unbillige" Verhalten zu verfolgen. Hans Friedrich wurde vom König aufgefordert, "sein Gemüt und seine Meinung" zu den erhobenen Vorwürfen kundzutun.
Hans Friedrich entzog sich der drohenden Verhaftung, wahrscheinlich durch einen Aufenthalt im Ausland. Am 12. August, also drei Monate später, antwortete er dem König. In erster Linie wies er auf die Reichsunmittelbarkeit seiner Herrschaft hin, stellte jedoch auch die "widergöttlichen Missbräuche der Kirche" heraus. Der Pfarrer müsse nach dem Gedeihen und der Wohlfahrt seiner Gemeinde und nicht nach seinem eigenen "Nutz, Ehr, Pracht und Genuß" handeln. Da dies nicht der Fall gewesen sei, habe es ihm als "christlicher Obrigkeit" zugestanden, "das "Seelenheil seiner Untertanen zu besorgen". Er, Hans Friedrich Thumb, habe aus der Heiligen Schrift Unterricht bekommen, wonach "die päpstliche Messe und andere von Menschen erdichtete Mißbräuche weggeschafft" werden müssten..

Das unmittelbare Einschreiten der habsburgischen Zentralgewalt in Köngen wird durch außenpolitische Ereignisse (Bedrohung des Habsburger Reiches durch die Türken) verhindert. Der Brief Hans Friederichs, mit dem er sich offen zur Reformation bekannte, wäre für den König ein willkommener Anlass gewesen, die Verhältnisse in Köngen zu verändern. .

1532 Bitte um Aufnahme in den "Schmalkaldischen Bund", der Vereinigung protestantischer Fürsten und Reichsstädte aus dem Jahre. Die Aufnahme von Reichsrittern, also auch der Thumb von Neuburgs wird zunächst abgelehnt..

1534 Nach der Rückkehr Herzog Ulrichs werden die Gebrüder Thumb zusammen mit Ambrosius Blarer mit der Durchführung der Reformation in dem Raum südlich von Stuttgart beauftragt.
Hans Konrad und Hans Friedrich beteiligten an der Neuorganisation des Kirchenwesens. So heißt es zum Beispiel in einer Niederschrift des Klosters Herrenalb: "Am 17. Januar 1536 kamen Hans Konrad Thum, Marschall und der von Gültlingen nach Herrenalb, mit ihnen .... Am 5.Juli ist kommen der edel Junker Hans Friedrich Thum ... samt ...., haben den Abt berueft und alle ceremonien in der Kirche abgetan ... "






Ambrosius Blarer (1492 - 1564)





Auf dem "Götzentag" in Urach war es dem Hitzkopf Blarer gelungen, den Herzog Ulrich zu überzeugen, dass in den Kirchen die Altäre abzubrechen, alle Bilder zu entfernen und die Zeremonien auszumerzen seien, "weil sie vom Wort abgingen." So verschwanden aus dem Chor der Köngener Kirche Hochaltar und Nebenaltar.


1535 Beraubung des Klosters Denkendorf durch Hans Konrad.
Hans Konrad ließ alle Kostbarkeiten des Klosters nach Stuttgart bringen. Von der dortigen Rentkammer wurden sie als Einnahmen verbucht.

1535 Entlassung der Gebrüder Thumb aus ihren Ämtern als Reformatoren wegen ihrer Neigung zum "Wiedertäufer" Caspar Schwenckfeld von Ossig.
Caspar Schwenckfeld ging die Reformation nicht weit genug. Schon 1522 hatte er die Rechtfertigungslehre Luthers kritisiert. Er betonte, dass sich der Mensch auch durch eigene Werke, nämlich durch Askese, vor Gott rechtfertigen müsse. Mit seinen Vorstellungen von einer Religion ohne Dogmen und Pfarrer geriet er in Gegensatz zu der vom Herzog durchgeführten Reformation. Er war gegen die Kindstaufe und auch die Sakramente waren nach seiner Ansicht nicht für das Seelenheil der Menschen entscheidend. Selbst die Predigt war für Schwenckfeld nicht zum Glauben notwendig.





Caspar Schwenckfeld von Ossig (1499 - 1561) Schwenkfeld Library, Penn., USA






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Caspar Schwenckfeld fand bei den Brüdern Thumb von Neuburg ein offenes Ohr. Mehrmals wurde er in Köngen aufgenommen. Geheime Versammlungen wurden abgehalten, die bei der Landbevölkerung großen Zulauf fanden. Diese heimlichen Zusammenkünfte gab es noch nach dem Tode Schwenckfelds im Jahr 1561. Die Unterstützung der "Schwenckfelder" durch das Geschlecht Thumb von Neuburg ist bis in die neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts nachzuweisen. Köngen galt noch lange Zeit als das "Wurmnest der Schwenckfeld-Anhänger".
Im US-Bundesstaat Pensylvania besteht noch heute eine 'First Schwenckfeld Church' mit rund 2200 Anhängern in fünf Kirchengemeinden
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Nachfahren Hans Friedrichs Thumb von Neuburg

Nach dem Tod Hans Friedrichs im Jahr 1551 wurde der Thumbsche Besitz in Köngen an zwei seiner drei Söhne, Albrecht und Konrad, aufgeteilt. Der dritte Sohn, Friedrich, erhielt die Güter in Mühlhausen an der Enz und in Korntal..

Albrecht († 1567): Umbauten am Schloss (Nordportal). Die Jahreszahl 1557 über dem nördlichen Schlosstor weist auf die für Jahrhunderte letzte bauliche Sanierung des alten Wasserschlosses hin. Albrecht und seine Frau, Margarete von Liebenstein, sind in Köngen begraben. Albrecht hatte einen Sohn gleichen Namens sowie zwei Töchter, Anna und Maria..

Konrad († 1602): Obervogt in Göppingen, verwaltete nach dem Tod seines Bruders Albrecht den Köngener Besitz. Vormund seines Neffen Albrecht, der bei dem Tod seines Vaters 13 Jahre alt war. .

Albrecht (* 1554 † 1613): Sohn des 1567 verstorbenen Albrecht Thumb von Neuburg. Ausschussmitglied des Ritterkantons Neckar-Schwarzwald. Zahlreiche Streitigkeiten mit dem Kloster Denkendorf. Reiche Stiftungen an die Peter- und Paulskirche in Köngen. Albrecht starb unverheiratet und wurde in Köngen beigesetzt. Er war zuletzt der alleinige Besitzer von Köngen. Evtl. ist Albrecht der Auftraggeber für die Ausschmückung des Rittersaals im Köngener Schloss.




Albrecht Thumb von Neuburg (* 1554 † 1613)





Nach dem Tod von Albrecht und seiner Schwester Anna (* 1556 † 1609) verfügte seine jüngste Schwester Maria (* 1560 † 1636) über den gesamten Besitz der Thumb von Neuburg in Köngen. In dritter Ehe heiratete sie 1617 den württembergischen Hauptmann Ludwig von Weiler. Mit ihrem Tod starb die Köngener Linie der Thumb von Neuburg aus. Als Erbe hatte sie ihren Vetter, den Erbmarschall Johann Friedrich Thumb aus Stetten bestimmt. Diese Erbfolge trat entsprechend ihrem Testament bereits 1617 in Kraft.
Maria von Weiler verbrachte ihr schwungvolles Leben (auch von ihrem dritten Ehemann ließ sie sich scheiden) ausschließlich im Köngener Schloss. Sie nahm regen Anteil am Ortsgeschehen. Im Taufbuch finden wir oft ihren Namen als Patin Köngener Kinder.

Der Rittersaal im Köngener Schloss ist im Renaissancestil gehalten und gilt mit seinen bemalten hölzernen Wandvertäfelungen, den reich verzierten Türelementen und den häufig unterteilten Fenstern aus 300 Jahre altem, mit dem Mund geblasenem Glas als einmalig im südwestdeutschen Raum. Die obere Reihe der Vertäfelung ist mit stattlichen Brustbildnissen von Kaisern bemalt (Theodosius der Große, Karl der Große, Heinrich III., Friedrich Barbarossa, Rudolph I. von Habsburg). In der darunter liegenden Reihe ist jedem der Kaiser ein persönlicher Ausspruch zugeordnet (z.B. bei Rudolph I.: "Besser ist es wohl regieren als die Grenzen weiterführen"). Auf der gleichen Wandseite befindet sich über die Reihen der Vertäfelung hinweg in voller Größe ein Bildnis von Süleyman dem Prächtigen (1520 - 1566), jenes türkischen Sultans, der im Jahre 1529 die Stadt Wien belagerte.
Die Herrscherbildnisse wurden vermutlich im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts ausgeführt. Man kann vermuten, dass das Köngener Rittergeschlecht mit den Bildnissen neben ihrer Kaisertreue auch das Standesbewusstsein der freien Reichsritter ausdrücken wollte. Mit dem Bild Süleymans soll - wahrscheinlich - die Beteiligung der Ritter bei der Bekämpfung der Türken herausgestellt werden. Die Sinnsprüche sind wohl als Botschaften an Süleyman (und andere Herrscher) zu verstehen.

Restauratorische Untersuchungen zeigen, dass sich unter den beschriebenen Bildern eine ältere Malschicht mit kämpfenden Einhörnern befindet.





Süleyman der Prächtige (1520 -1566) (nach der Restaurierung)

Archiv Wais & Partner in 'Denkmalstiftung Baden- Württemberg 4/2004'

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Bildnis von Kaiser Rudolph I. von Habsburg im Rittersaal des Köngener Schlosses
(nach der Restaurierung)


An der Außenwand des Rittersaals wurden Ende 2001 unter vielen Schichten von Farbe und Gips dieselben perspektivisch wirkenden Malereien entdeckt, wie sie auch in den kassettierten Türblättern zu finden sind. Die Stilformen der Malereien (Muscheln, Engelsköpfchen, Girlanden) und die Dekors der Türrahmungen sind um die Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden.

Die Restaurierung des Rittersaals wurde im September 2004 (vorläufig) beendet.

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Die Pestwelle von 1609 - 1611
Die Pest wütete von 1609 an unter der Köngener Bevölkerung und ebbte erst in den Wintermonaten des Jahres 1611 ab.


Eintragungen im Taufbuch der Köngener Kirche
1610: 14 Taufen 159 Beerdigungen
1611: 20 Taufen 132 Beerdigungen
1612 29 Taufen 15 Beerdigungen

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Insgesamt sollen im Ort (bei 800 bis 1000 Einwohnern) 381 Menschen der Pestwelle zum Opfer gefallen sein. Man konnte die Toten nicht mehr ordentlich beerdigen und musste Massengräber anlegen.
Das Grauenhafte dieser Jahre hat tief im Volk nachgewirkt und in der Sage von der Pestbraut seinen Niederschlag gefunden: ' Einem jungen Burschen war die Braut durch die Pest entrissen worden. Seine Kameraden wetteten mit ihm, dass er nicht den Mut habe, am Sterbebett der toten Braut in der Nacht vor der Beerdigung ein Messer durch ihren Schleier zu stoßen. Er ging auf die Wette ein, begab sich in das Sterbehaus und kehrte nicht wieder zurück. Als ihn die anderen suchten, fanden sie ihn tot an der Bahre seiner Braut.'



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Literaturhinweise

Laubach, Ernst: Ferdinand I. als Kaiser. Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V., Münster/Westfalen 2001
Hergenröder, Gerhard: Köngen. Geschichte einer Gemeinde. 1985

http://geschichtsverein-koengen.de/Koe1520-1618.htm

Schweine- und Schafstall, Matschkoppel, Hinterhof und drumherum - 2004

Einst galoppierten Trakehner über diese Felder












Friedhof - 2004





























Stallungen

ca. 1983



Linke Stallseite





















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2004

Kapelle - 2004

Wohnhaus

ca. 1983






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2004