Samstag, Januar 01, 2005

Nach dem Tod des Erbmarschalls Konrad Thumb von Neuburg im Jahr 1525

Köngen von der Reformation bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges


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Nach dem Tod des Erbmarschalls Konrad Thumb von Neuburg im Jahr 1525 wurde das Erbe unter seine Söhne Hans Konrad und Hans Friedrich aufgeteilt.
Hans Konrad, der älteste Sohn Konrad Thumb von Neuburg, erbte neben Würde eines Erbmarschalls das Lehen Stettenfels mit dem Dorf Gruppenbach sowie die Herrschaft Stetten im Remstal.
Im Jahr 1527 verkaufte Hans Konrad Stettenfels und Gruppenbach. Diesem Verkauf standen zwei Neuerwerbungen gegenüber: 1540 Herrschaft Neuburg mit dem Dorf Mammern am Bodensee, 1542 das am Neckar gelegene Schlossgut Hammetweil.


Hans Friedrich fielen neben dem Besitz in Köngen auch die Herrschaften Mühlhausen an der Enz, Untersielmingen und Harthausen zu. Über Jahrzehnte hinweg bekleidete er das Amt eines württembergischen Obervogts im nahe gelegenen Kirchheim.

Hans Friedrich und Hans Konrad, waren Vorkämpfer der protestantischen Bewegung in Württemberg.


Die Vorgänge während der Reformationszeit

Ende des Jahres 1526 verweigert Hans Friedrich in seiner Herrschaft Untersielmingen die Zahlung von Abgaben an den Bischof von Konstanz. Nachdem die Zahlungen an den Bischof bis 1529 ausblieben, wurde der dortige Pfarrer (Jakob Zech) von der Verwaltung des Bistums in Bann geworfen.
Im Dezember 1529 übernahm Hans Friedrich die Verantwortung für das Ausbleiben der Zahlung. Als Begründung führte er an, dass seine Herrschaft ein vom Kaiser verliehenes Reichslehen sei.

In Köngen wurde die Lehre Luthers 1526 auch von der Kanzel aus verbreitet. Anfang 1527 beschwerte sich die bischöfliche Kurie beim habsburgischen Reichsregiment über den Köngener Pfarrer. Im Wortlaut: "Der Pfarrherr und Prediger zu Küngen ist ein ganz lutterischer Prediger, uffrührisch und verfüherisch, verschmecht die heiligen sacrament und heißt die heilige Meß des Teufels Gespänst." Gleichzeitig wurde der Pfarrer aufgefordert, sich am Bischofssitz Konstanz zu rechtfertigen.
Hans Friedrich die Vorladung seines Pfarrers ab. Am 19. Juni 1527 verlangte er in einem Schreiben an den Bischof die Einstellung des Prozesses gegen seinen Geistlichen und versicherte, dass sich dieser "fromm und priesterlich" verhalte. Ein Einschreiten des kaiserlichen Regiments in Köngen ist nicht bekannt. Der Pfarrer blieb in seinem Amt.

Anfang 1532 beschwerte sich der Denkendorfer Probst bei den Stuttgarter Räten über die pro-protestantische Einstellung von Hans Friedrich und seinem Pfarrer. Die Beschwerden wurden am 12. Mai 1532 an König Ferdinand weitergeleitet, der den Befehl gab, dieses "irrige und unbillige" Verhalten zu verfolgen. Hans Friedrich wurde vom König aufgefordert, "sein Gemüt und seine Meinung" zu den erhobenen Vorwürfen kundzutun.
Hans Friedrich entzog sich der drohenden Verhaftung, wahrscheinlich durch einen Aufenthalt im Ausland. Am 12. August, also drei Monate später, antwortete er dem König. In erster Linie wies er auf die Reichsunmittelbarkeit seiner Herrschaft hin, stellte jedoch auch die "widergöttlichen Missbräuche der Kirche" heraus. Der Pfarrer müsse nach dem Gedeihen und der Wohlfahrt seiner Gemeinde und nicht nach seinem eigenen "Nutz, Ehr, Pracht und Genuß" handeln. Da dies nicht der Fall gewesen sei, habe es ihm als "christlicher Obrigkeit" zugestanden, "das "Seelenheil seiner Untertanen zu besorgen". Er, Hans Friedrich Thumb, habe aus der Heiligen Schrift Unterricht bekommen, wonach "die päpstliche Messe und andere von Menschen erdichtete Mißbräuche weggeschafft" werden müssten..

Das unmittelbare Einschreiten der habsburgischen Zentralgewalt in Köngen wird durch außenpolitische Ereignisse (Bedrohung des Habsburger Reiches durch die Türken) verhindert. Der Brief Hans Friederichs, mit dem er sich offen zur Reformation bekannte, wäre für den König ein willkommener Anlass gewesen, die Verhältnisse in Köngen zu verändern. .

1532 Bitte um Aufnahme in den "Schmalkaldischen Bund", der Vereinigung protestantischer Fürsten und Reichsstädte aus dem Jahre. Die Aufnahme von Reichsrittern, also auch der Thumb von Neuburgs wird zunächst abgelehnt..

1534 Nach der Rückkehr Herzog Ulrichs werden die Gebrüder Thumb zusammen mit Ambrosius Blarer mit der Durchführung der Reformation in dem Raum südlich von Stuttgart beauftragt.
Hans Konrad und Hans Friedrich beteiligten an der Neuorganisation des Kirchenwesens. So heißt es zum Beispiel in einer Niederschrift des Klosters Herrenalb: "Am 17. Januar 1536 kamen Hans Konrad Thum, Marschall und der von Gültlingen nach Herrenalb, mit ihnen .... Am 5.Juli ist kommen der edel Junker Hans Friedrich Thum ... samt ...., haben den Abt berueft und alle ceremonien in der Kirche abgetan ... "






Ambrosius Blarer (1492 - 1564)





Auf dem "Götzentag" in Urach war es dem Hitzkopf Blarer gelungen, den Herzog Ulrich zu überzeugen, dass in den Kirchen die Altäre abzubrechen, alle Bilder zu entfernen und die Zeremonien auszumerzen seien, "weil sie vom Wort abgingen." So verschwanden aus dem Chor der Köngener Kirche Hochaltar und Nebenaltar.


1535 Beraubung des Klosters Denkendorf durch Hans Konrad.
Hans Konrad ließ alle Kostbarkeiten des Klosters nach Stuttgart bringen. Von der dortigen Rentkammer wurden sie als Einnahmen verbucht.

1535 Entlassung der Gebrüder Thumb aus ihren Ämtern als Reformatoren wegen ihrer Neigung zum "Wiedertäufer" Caspar Schwenckfeld von Ossig.
Caspar Schwenckfeld ging die Reformation nicht weit genug. Schon 1522 hatte er die Rechtfertigungslehre Luthers kritisiert. Er betonte, dass sich der Mensch auch durch eigene Werke, nämlich durch Askese, vor Gott rechtfertigen müsse. Mit seinen Vorstellungen von einer Religion ohne Dogmen und Pfarrer geriet er in Gegensatz zu der vom Herzog durchgeführten Reformation. Er war gegen die Kindstaufe und auch die Sakramente waren nach seiner Ansicht nicht für das Seelenheil der Menschen entscheidend. Selbst die Predigt war für Schwenckfeld nicht zum Glauben notwendig.





Caspar Schwenckfeld von Ossig (1499 - 1561) Schwenkfeld Library, Penn., USA






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Caspar Schwenckfeld fand bei den Brüdern Thumb von Neuburg ein offenes Ohr. Mehrmals wurde er in Köngen aufgenommen. Geheime Versammlungen wurden abgehalten, die bei der Landbevölkerung großen Zulauf fanden. Diese heimlichen Zusammenkünfte gab es noch nach dem Tode Schwenckfelds im Jahr 1561. Die Unterstützung der "Schwenckfelder" durch das Geschlecht Thumb von Neuburg ist bis in die neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts nachzuweisen. Köngen galt noch lange Zeit als das "Wurmnest der Schwenckfeld-Anhänger".
Im US-Bundesstaat Pensylvania besteht noch heute eine 'First Schwenckfeld Church' mit rund 2200 Anhängern in fünf Kirchengemeinden
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Nachfahren Hans Friedrichs Thumb von Neuburg

Nach dem Tod Hans Friedrichs im Jahr 1551 wurde der Thumbsche Besitz in Köngen an zwei seiner drei Söhne, Albrecht und Konrad, aufgeteilt. Der dritte Sohn, Friedrich, erhielt die Güter in Mühlhausen an der Enz und in Korntal..

Albrecht († 1567): Umbauten am Schloss (Nordportal). Die Jahreszahl 1557 über dem nördlichen Schlosstor weist auf die für Jahrhunderte letzte bauliche Sanierung des alten Wasserschlosses hin. Albrecht und seine Frau, Margarete von Liebenstein, sind in Köngen begraben. Albrecht hatte einen Sohn gleichen Namens sowie zwei Töchter, Anna und Maria..

Konrad († 1602): Obervogt in Göppingen, verwaltete nach dem Tod seines Bruders Albrecht den Köngener Besitz. Vormund seines Neffen Albrecht, der bei dem Tod seines Vaters 13 Jahre alt war. .

Albrecht (* 1554 † 1613): Sohn des 1567 verstorbenen Albrecht Thumb von Neuburg. Ausschussmitglied des Ritterkantons Neckar-Schwarzwald. Zahlreiche Streitigkeiten mit dem Kloster Denkendorf. Reiche Stiftungen an die Peter- und Paulskirche in Köngen. Albrecht starb unverheiratet und wurde in Köngen beigesetzt. Er war zuletzt der alleinige Besitzer von Köngen. Evtl. ist Albrecht der Auftraggeber für die Ausschmückung des Rittersaals im Köngener Schloss.




Albrecht Thumb von Neuburg (* 1554 † 1613)





Nach dem Tod von Albrecht und seiner Schwester Anna (* 1556 † 1609) verfügte seine jüngste Schwester Maria (* 1560 † 1636) über den gesamten Besitz der Thumb von Neuburg in Köngen. In dritter Ehe heiratete sie 1617 den württembergischen Hauptmann Ludwig von Weiler. Mit ihrem Tod starb die Köngener Linie der Thumb von Neuburg aus. Als Erbe hatte sie ihren Vetter, den Erbmarschall Johann Friedrich Thumb aus Stetten bestimmt. Diese Erbfolge trat entsprechend ihrem Testament bereits 1617 in Kraft.
Maria von Weiler verbrachte ihr schwungvolles Leben (auch von ihrem dritten Ehemann ließ sie sich scheiden) ausschließlich im Köngener Schloss. Sie nahm regen Anteil am Ortsgeschehen. Im Taufbuch finden wir oft ihren Namen als Patin Köngener Kinder.

Der Rittersaal im Köngener Schloss ist im Renaissancestil gehalten und gilt mit seinen bemalten hölzernen Wandvertäfelungen, den reich verzierten Türelementen und den häufig unterteilten Fenstern aus 300 Jahre altem, mit dem Mund geblasenem Glas als einmalig im südwestdeutschen Raum. Die obere Reihe der Vertäfelung ist mit stattlichen Brustbildnissen von Kaisern bemalt (Theodosius der Große, Karl der Große, Heinrich III., Friedrich Barbarossa, Rudolph I. von Habsburg). In der darunter liegenden Reihe ist jedem der Kaiser ein persönlicher Ausspruch zugeordnet (z.B. bei Rudolph I.: "Besser ist es wohl regieren als die Grenzen weiterführen"). Auf der gleichen Wandseite befindet sich über die Reihen der Vertäfelung hinweg in voller Größe ein Bildnis von Süleyman dem Prächtigen (1520 - 1566), jenes türkischen Sultans, der im Jahre 1529 die Stadt Wien belagerte.
Die Herrscherbildnisse wurden vermutlich im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts ausgeführt. Man kann vermuten, dass das Köngener Rittergeschlecht mit den Bildnissen neben ihrer Kaisertreue auch das Standesbewusstsein der freien Reichsritter ausdrücken wollte. Mit dem Bild Süleymans soll - wahrscheinlich - die Beteiligung der Ritter bei der Bekämpfung der Türken herausgestellt werden. Die Sinnsprüche sind wohl als Botschaften an Süleyman (und andere Herrscher) zu verstehen.

Restauratorische Untersuchungen zeigen, dass sich unter den beschriebenen Bildern eine ältere Malschicht mit kämpfenden Einhörnern befindet.





Süleyman der Prächtige (1520 -1566) (nach der Restaurierung)

Archiv Wais & Partner in 'Denkmalstiftung Baden- Württemberg 4/2004'

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Bildnis von Kaiser Rudolph I. von Habsburg im Rittersaal des Köngener Schlosses
(nach der Restaurierung)


An der Außenwand des Rittersaals wurden Ende 2001 unter vielen Schichten von Farbe und Gips dieselben perspektivisch wirkenden Malereien entdeckt, wie sie auch in den kassettierten Türblättern zu finden sind. Die Stilformen der Malereien (Muscheln, Engelsköpfchen, Girlanden) und die Dekors der Türrahmungen sind um die Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden.

Die Restaurierung des Rittersaals wurde im September 2004 (vorläufig) beendet.

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Die Pestwelle von 1609 - 1611
Die Pest wütete von 1609 an unter der Köngener Bevölkerung und ebbte erst in den Wintermonaten des Jahres 1611 ab.


Eintragungen im Taufbuch der Köngener Kirche
1610: 14 Taufen 159 Beerdigungen
1611: 20 Taufen 132 Beerdigungen
1612 29 Taufen 15 Beerdigungen

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Insgesamt sollen im Ort (bei 800 bis 1000 Einwohnern) 381 Menschen der Pestwelle zum Opfer gefallen sein. Man konnte die Toten nicht mehr ordentlich beerdigen und musste Massengräber anlegen.
Das Grauenhafte dieser Jahre hat tief im Volk nachgewirkt und in der Sage von der Pestbraut seinen Niederschlag gefunden: ' Einem jungen Burschen war die Braut durch die Pest entrissen worden. Seine Kameraden wetteten mit ihm, dass er nicht den Mut habe, am Sterbebett der toten Braut in der Nacht vor der Beerdigung ein Messer durch ihren Schleier zu stoßen. Er ging auf die Wette ein, begab sich in das Sterbehaus und kehrte nicht wieder zurück. Als ihn die anderen suchten, fanden sie ihn tot an der Bahre seiner Braut.'



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Literaturhinweise

Laubach, Ernst: Ferdinand I. als Kaiser. Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V., Münster/Westfalen 2001
Hergenröder, Gerhard: Köngen. Geschichte einer Gemeinde. 1985

http://geschichtsverein-koengen.de/Koe1520-1618.htm