Dienstag, November 01, 2005

Geschichtliches

1618 - 1648

  • Das Geschlecht der Thumb von Neuburg


  • Der von Maria von Weiler zum Erben bestimmte Johann Friedrich Thumb übte von 1617 bis zu seinem Tode im Jahr 1647 die Herrschaft in Köngen aus. Johann Friedrich führte nach dem Tod seines älteren Bruders, Konrad Ludwig, den Titel Erbmarschall.

In der Begräbnisrede des Köngener Pfarrers Friedrich heißt es, dass Johann Friedrich in großer Bescheidenheit gelebt und von der Not leidenden Bevölkerung keine Abgaben verlangt habe. Während des Krieges verlor er viele seiner Güter.

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  • Von den vier Söhnen Johann Friedrichs sind nur zwei namentlich bekannt. Der Ältere, der wie sein Vater Johann Friedrich hieß, lebte in Stuttgart und Esslingen. Er starb Anfang des Jahres 1646. Der Jüngere, Albrecht, kam 1635 in den Wirren des Krieges ums Leben. Nach dem Tod von Johann Friedrich Thumb (dem Älteren) übernahmen seine Enkel Friedrich Albrecht (Sohn des Albrecht) und Ludwig Friedrich (Sohn des Johann Friedrich des Jüngeren, geboren 1630) die Herrschaft in Köngen. Beide Erbteile wurden zunächst von den Vormündern, Ernst Friedrich von Nippur und Philipp Konrad von Liebenstein, verwaltet.
  • Der Auswirkungen des Krieges


  • Vorbemerkung: Über die Ereignisse in Köngen während des Dreißigjährigen Krieges gibt es fast keine schriftlichen Quellen. Die besten Informationen liefert das von Pfarrer Friedrich erstellte Begräbnisregister.
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  • Bis 1627 scheint der Ort Köngen wenig von den Ereignissen des Krieges berührt worden zu sein. Der Ausbruch der Pest in diesem Jahr kann jedoch als Kriegsfolge bezeichnet werden. - Im gleichen Jahr floh der Ortsadlige Johann Friedrich Thumb aus Köngen. Am 24.3. hinterließ er beim Bürgermeister der Stadt Esslingen eine große Truhe mit Geld, Wertsachen und Urkunden. Erst im Februar 1634 ließ er sie wieder ins Köngener Schloss schaffen.
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  • Nach der Schlacht bei Nördlingen (6.9.1634), bei der die protestantischen Truppen eine vernichtende Niederlage erlitten, "schwärmten die kaiserlichen Soldaten ungehindert mordend, sengend und plündernd aus und kamen dabei auch nach Köngen" (8.9.1634). Die Bevölkerung versuchte zu entkommen und wurde selbst in den Wäldern aufgestöbert und dezimiert. Viele Köngener flohen erfolglos ins Schloss oder nach Nürtingen.

Informationen aus den Einträgen des Köngener Pfarrers Friedrich in das Begräbnisregister:
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  • Es gelang ihm nicht mehr, die Toten zu zählen. Er vermerkt: "Den 8., 9., 10. ist der feindliche Einfall geschehen. Sind viele Erwirgte begraben worden, die lang tod in Häusern und Feld gelegen."
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  • Bericht über Ermordete, die "über die ganze Schlossanlage verstreut" oder "auf dem Feld zu finden waren".
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  • Pfarrer Friedrich führt weiter aus: "Viele andere, liegen zu Nürtingen viel begraben, darunter meine herzliebe Hausfrauen Anna Bergmannen, welche mit acht Stich ermordet worden und den 12. mit 108 Personen zu grab in großer Gefahr und Unsicherheit getragen worden."
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  • Bei den Toten handelte es sich fast ausschließlich um Frauen.

  • Das Eingreifen der Franzosen im Jahr 1635 verschlimmerte noch die Lage der Köngener Bevölkerung. Nicht nur Mord und Brand kamen im Gefolge der Soldateska, auch die Pest wurde wieder eingeschleppt. Die Bücher vermerken: "So nicht von Soldaten traktiert und beschädigt wurden, starben an der Pest 239 anno 1635." Das Schicksal hat es auch mit dem Chronisten, Pfarrer J. K. Friedrich, nicht gut gemeint. Seine zweite Frau starb schon einen Monat nach der Hochzeit an der Seuche. Trotzdem findet er Kraft zu erschütternden Einträgen: "Vier Kinder begraben und eine Tochter. Ein Mann Hungers gestorben. Zwei Weiber begraben und drei Kinder. Ein arm Weib aus Sielmingen Hungers gestorben."

Dieser Schreckenszeit hat sich naturgemäß auch die Sage bemächtigt. Für Köngen knüpft sie sich an zwei Sühnekreuze, die noch heute am Ortsrand (in der Nähe des Friedhofs) zu sehen sind. Eine Sagenversion berichtet, dass es einem Bauern gelungen sei, sein einziges Pferd lange vor plündernden Landsknechten versteckt zu halten. Als er Ende des Dreißigjährigen Krieges mit seinem Pferd pflügte, wollte ihm ein marodierender Soldat diesen kostbaren Besitz wegnehmen. Beide gerieten in einen erbitterten Streit, in dessen Verlauf sie sich gegenseitig so schwere Wunden zufügten, dass sie noch auf dem Kampfplatz starben. Zum Gedenken an diese Bluttat - so berichtet die Sage - wurden die beiden Sühnekreuze errichtet. An einem der Kreuze ist eine eingemeißelte Pflugschar erkennbar.



  • Anzahl der Toten in Köngen

Jahr Tote
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1627 46 (durchschnittliche Todesrate = 10)
1633 22
1634 143
1635 239
1636 33
1640 - 1648 pro Jahr max. 10

http://geschichtsverein-koengen.de/Koe1618-1648.htm


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1648 - 1750


Köngen in der Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts


  • Das Geschlecht der Thumb von Neuburg bis zum Verkauf der einen Ortshälfte im Jahr 1666

  • Johann Friedrich Thumb (der Ältere) hatte vor seinem Tod im Jahre 1646 seine beiden Enkel, Friedrich Albrecht und Ludwig Friedrich, als Erben der Köngener Güter eingesetzt. Beide Erbteile wurden für ca. fünf Jahre von den Vormündern, Ernst Friedrich von Nippur und Philipp Konrad von Liebenstein, verwaltet. Kurz vor dem 18. Lebensjahr von Ludwig Friedrich wurde ein Teil der Güter von den Vormündern verkauft.
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  • 1655 "Ordnungen, Statuten und Satzungen der Herrschaft zu Köngen"

  • Insgesamt umfasst die Gebots- und Verbotsordnung 106 Bestimmungen, die jeweils für eine bestimmte Jahreszeit galten. Gesondert werden die Jagd- und Fischereirecht und die Regelungen für die Mühle, die Kelter und die Köngener Fischgründe behandelt. Bei jedem Gebot und Verbot ist das Strafmaß angegeben.
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  • Die Regelung der Details ist enorm und wird wahrscheinlich auch heute noch nicht übertroffen. Hier nur einige Beispiele:

  • "Längere Messer als Brotmesser mit sich herumzutragen ist untersagt".
  • "Durch die 'Gemeine Gasse' darf kein Rindvieh getrieben werden".
  • "Nach Leuten der Abendglocken darf kein Samen mehr gestreut werden".
  • "Die Rosshirten dürfen weder im Wald noch sonst irgendwo spielen. Wer solches sieht und nicht anzeigt, bekommt dieselbe Strafe".
  • "Beim Holzmachen darf keinerlei Waffengerät, auch kein Brotmesser mit in den Wald genommen werden"
  • "Überflüssiges Essen und volltrunken sein ist verboten. Das Strafmaß richtet sich nach dem jeweiligen Verhalten desjenigen".
  • "Wenn die Weiber über die Gasse Feuer oder Glut holen, darf das nur in einem ehernen (eisernen) Geschirr geschehen".
  • "Bevor man die Enten oder Gänse auf die Weide treibt, soll man ihnen zuvor die Flügel abhauen und sie so beschneiden, dass sie beim Samen keinen Schaden anrichten können.


  • 1656 Neue Erfassung der Leibeigenen

1656 begannen die Ortsherren, Ludwig Friedrich und Friedrich Albrecht Thumb von Neuburg, ihren Köngener Besitz neu zu ordnen. Sie erfassten zunächst ihre leibeigenen Leute, die, wie die Gesamtbevölkerung des Ortes, zu mehr als zwei Drittel dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer gefallen waren. Kaum eine Familie war vollständig geblieben. Insgesamt lebten noch 67 männliche und 29 weibliche Leibeigene. Dazu kamen noch 100 'Kinder', die, weil unverheiratet, zu den Eltern gezählt wurden.

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  • 1657 Festlegung der 'Schuldigkeiten' der Leibeigenen

  • 1657 wurden die "Ordnungen, Statuten und Satzungen der Herrschaft zu Köngen" nochmals verschärft. Der Vogt hatte zusammen mit den Amtsleuten die "Leibaigenen Persohnen in Gelübd zu nehmen" und ihnen zu eröffnen, was sie "ihrem Leibherren zu halten und zugeben" verpflichtet sind. Diese Regelung galt für Leibeigene ab dem 15. Lebensjahr.
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  • Gelangten die Leibeigenen ins Heiratsalter, so war keine Eheschließung ohne herrschaftliche Genehmigung möglich. In der Regel musste ein 'Brautlauf' gegeben werden, eine Abgabe, die aus einer Salzscheibe bestand.
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  • Scharf geahndet wurde der 'frühe Beischlaf' und der Ehebruch. Die Herrschaft verordnete: "So eine geschwängert wird und zu früh ins Kindbett kombt, soll sie nach vollzogener Kindbett, vierzehn Tage in das Narrenhaus und vier Wochen in den Thurm ..."
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  • Starb ein Leibeigener, war eine Steuer fällig, die ein Prozent des Vermögens ausmachte. Darüber hinaus zog der Vogt von einem 'Weibsbild' die beste Kuh und von einem 'Mannsbild' das beste Ross ein.

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  • 1657 Regelung der geistlichen Rechte zwischen den Ortsherren und dem Herzog von Württemberg (Rechte zur Einsetzung des Pfarrers)
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  • Friedrich Albrecht Thumb sah sich am 22. Dezember 1666 "aus höchst gedrungener Not" dazu gezwungen, seinen Anteil (die Hälfte) an der Herrschaft Köngen an das Herzogtum Württemberg zu verkaufen. Gründe für die finanzielle Not waren das Testament der Maria von Weiler, die das Thumbsche Vermögen an zahlreiche Verwandte zerflattern ließ, Kriegsschäden und schließlich eine glücklose Verwaltung des Schlossguts.

Durch den Verkauf konnte Friedrich Albrecht seine Schulden ablösen. Die Hauptforderung kam vom Herzog selbst. Auch das Hospital in Esslingen stellte große Forderungen. - Friedrich Albrecht soll nach dem Verkauf seines Köngener Erbes verarmt in Neuburg (Bayern) gestorben sein.

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  • Teilung der herrschaftlichen Rechte in Köngen (1666 - 1739)

  • Herzogliche Vögte (Johann Reinhard Roser, Johann Eberhard Roser) verwalten die herzoglichen Güter; ihre Befugnisse erstrecken sich auf alle Bereiche des dörflichen Lebens; Wohnung und Amtssitz ist das Köngener Schloss.

Nach dem Verkauf der einen Hälfte Köngens redete man von zwei Schlössern. Im vorderen Teil wohnte und walteten die herzoglichen Vögte, im hinteren Teil lebte die Thumbsche Herrschaft. Eine Beschreibung aus dem Jahre 1718 schildert die Lage so: "Die zwei herrschaftlichen Schlösser sind ansehnlich und so zu unterscheiden, dass zwei Herrschaften Raum genug haben. Jedes hat schöne Zimmer und Säle, beide sind mit einem fischreichen Wassergraben umgeben. Im vorderen Schlosshof befinden sich die Kelter, Bandhaus [=Küferei], Stallung und Brunnen. In dem hinteren Schlosshof ist die freiherrliche Vogtei, Stallung und Scheuren und in der Mitte ein Springbrunnen. Die Schlösser sind mit Ringmauern umgeben, mit schönen Lusttürmlein dran und einer Fallbrücke. Jedes hat ein Gefängnis, schöne Gärten, Fischweiher, Zeig- und Schlaguhren ...".





Das "Hintere Schloss" zu Köngen, gemalt von Pfarrer Daniel Pfisterer im Jahre 1725



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Ludwig Friedrich Thumb von Neuburg wehrt sich erfolgreich gegen eine Eingliederung der Köngener Gemeinde in die württembergische Landeskirche (keine Visitationen der Pfarrer!).

1667: Differenzen der Ortsherren um die Einsetzung von Pfarrern. .

1695: Einfall der Franzosen in Köngen

Köngen ist durch den Einmarsch der französischen Truppen schwer getroffen worden. Viele Personen wurden verschleppt [nach dem Köngener Ortssippenbuch waren es mindestens 19 Personen] und ein Teil des Ortes niedergebrannt. Auch einige Gebäude des Köngener Schlosses wurden zerstört. Andere Orte in der Umgebung hatten mehr Glück. Warum haben sich die 'Kriegstaten' der Franzosen gerade auf Köngen gerichtet?
Im Juli 1693 wurde Esslingen von französischem Militär besetzt. Von dort aus wurde in den umliegenden Orten "fouragiert", also einfach geplündert. Wo sich Widerstand zeigte, wurde hart durchgegriffen. Neben den wenigen offiziellen Truppen Württembergs hatten sich Gruppen gebildet, die so genannten "Schnapphähne", die überall im Land Widerstand leisteten und zum Teil von der ortsansässigen Bevölkerung unterstützt wurden. Auch in Köngen wollte man die Plünderungen der Franzosen nicht mehr so einfach hinnehmen. Bei den "Nadelstichen" gegen die französische Armee "mischten in Köngen auch in erheblichem Maße die Bauern" mit. Am 19.8.1693 kam es in Köngen zu einem folgenschweren Zusammenstoß der "Schnapphähne" mit dem französischen Heer. Bei den Kämpfen verloren die Franzosen ca. 100 Mann. Ihr Zorn richtete sich nun gegen Köngen. Der französische Kommandant in Esslingen, General Mazel, gab bekannt, dass er "die Orte Oberesslingen und Köngen niederbrennen wolle, wo es durch Bauern zu Angriffen auf französische "Fouragierer" gekommen war". So weit ist es dann glücklicherweise nicht gekommen - der Schaden war trotzdem groß genug.

Über den Franzoseneinfall in Köngen haben wir einen ausführlichen Bericht erstellt. Klicken sie
http://geschichtsverein-koengen.de/Franzosen1693.htm

  • Ludwig Friedrich geriet aufgrund der Kriegswirren immer mehr in wirtschaftliche Not und musste von seinem, in Graubünden lebenden Sohn, Wilhelm Ludwig finanziell unterstützt werden. Nach seinem Tod 1696 wurde er in Köngen beigesetzt.
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  • 1722: Beide Ortsherren, Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg und Wilhelm Ludwig Thumb von Neuburg, stiften für den Turmneubau der Peter- und Paulskirche.

Der Bau der "Peter- und Paulskirche" war 1512 ohne Turm fertig gestellt worden. Auf einen Turmneubau hatte man verzichtet, weil die Glocken noch von der alten und im Städtekrieg von 1450 stark beschädigten Peterskirche (der "Unteren Kirche") geläutet werden konnten. Ende des 17. Jahrhunderts war auch dieser Turm baufällig geworden. Aus einer Eingabe des Köngener Pfarrers vom Jahre 1698, in der er um die Instandsetzung des Turms bittet, erfahren wir, dass die Glocken nun in einem Glockenstuhl auf ebener Erde zum Kirchgang riefen. Erst 1721 erhielt die Pfarrei eine Kollekte "zur Erbauung eines Kirchturmes und Reparation der schadhaften Kirche" bewilligt. Wie wir über dem Portal des Turmes lesen können, trugen auch der Ortsadel und Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg zur Finanzierung bei. Ab dem 15. Januar 1724 konnte man - so schreibt der Pfarrer Daniel Pfisterer - "die Glocke in der Höhe läuten und den gottgeweihten Klang weithin hören."







Die Peter- und Paulskirche mit dem gerade fertig gestellten Turm
gemalt von Pfarrer Daniel Pfisterer






Württemberg gibt seine Köngener Hälfte mit dem Vorderen Schloss im Jahr 1678 im Tausch gegen Liebenstein ab, erwirbt sie jedoch 1687 zurück. .

14.1.1739: Wilhelm Ludwig Thumb von Neuburg, der Sohn Ludwig Friedrichs, verkauft die zweite Hälfte Köngens an den Herzog von Württemberg (Eintausch gegen die württembergische Herrschaft "Unterboihingen" + Geldbetrag)


Köngener Geschichten aus dieser Zeit

Die folgende Geschichte ergibt sich aus einem Eintrag in das Köngener Begräbnisregister, das so genannte Totenbuch, im August 1712: Daniel Thumb von Neuburg, der siebenjährige Enkel des Köngener Ortsherren Wilhelm Ludwig Thumb, war an einer heimtückischen Krankheit gestorben. Am Tag der Beerdigung begaben sich die Dorfbewohner in den Vorhof des Schlosses, um an dem Leichenzug zum Friedhof teilzunehmen, der, wie damals üblich, erst nach Einbruch der Dunkelheit stattfand. Der Leichenzug formierte sich in der traditionellen Reihenfolge: Die Eltern hinter der Leichenkutsche, der Großvater des verstorbenen Jungen und die adligen Verwandten direkt vor ihr. Davor befreundete Adlige aus der Umgebung, dann der Pfarrer, der Wundarzt, der Lehrer, die Männer der Gemeinde, die Frauen und an der Spitze die Dorfjugend. Das Läuten der Glocke sollte den Leichenzug begleiten. Auf halber Strecke zum Friedhof geschah etwas Unerwartetes, Unfassbares: Ein letzter Glockenschlag und die Glocke schwieg. Alle im Zug blieben wie angewurzelt stehen. Warum schlug die Glocke nicht mehr? Die Dorfbewohner, starr vor Schrecken, begannen leise zu tuscheln. Ein Diener des Ortsherren stellte schließlich fest, dass der Glockenschlegel zerbrochen war und auf den Brettern des Turmbodens lag. Die Teilnehmer des Leichenzugs waren sich einig, dass es sich um ein Zeichen Gottes handeln müsse. Der Leichnam des jungen Adligen wurde an der Stelle, wo die Kutsche zum Stehen gekommen war, begraben.

Aus einem Eintrag in das Begräbnisregister im Jahr 1721 lässt sich folgende Geschichte rekonstruieren: Ein ärmlich gekleideter Fremder brach im Dorf zusammen. Sein Tod war abzusehen. Der Pfarrer, Daniel Pfisterer, eilte zu dem Sterbenden, der jedoch in bayerischem Dialekt einen katholischen Geistlichen verlangte. Einen solchen gab es damals in Köngen nicht. Daniel Pfisterer wies die Herumstehenden an, den 'Katholischen' auf einen Karren zu laden und ins benachbarte katholische Unterboihingen zu bringen. So geschah es. In Unterboihingen verstarb der Mann wenige Stunden später. Für den dortigen Pfarrer erhob sich nun die Frage, wer die Beerdigungskosten tragen solle. Ein Blick in die Taschen des toten Bayern zeigte, dass er keinen Groschen bei sich trug. Der Unterboihinger Pfarrer ließ den Toten, katholisch hin oder her, nach Köngen zurückfahren. Ratlose Gesichter auch dort. Seit Menschengedenken war kein Katholik in der 'evangelischen Erde' Köngens begraben worden. Schließlich siegte die Ehrfurcht vor dem Toten gegen das Prinzip der starren konfessionellen Trennung. Der Tote erhielt ein Armenbegräbnis außerhalb des Friedhofs.

Am 28. August 1768 schrieb der Köngener Pfarrer Informationen in das Totenbuch, aus der sich diese Geschichte ergibt: Mehrere aufgeregte Dorfbewohner versammelten sich vor dem Pfarrhaus. Dem Pfarrer berichteten sie über einen Mann, der tot im nahe gelegenen Neckar trieb. Wahrscheinlich handle es sich um einen Selbstmörder, dessen Bestattung auf Köngener Boden Unglück und Fluch über die Gemeinde bringen werde. Der Pfarrer eilte zum Neckar und stellte dort nüchtern fest, dass der Mann auch vom Uferweg abgeglitten sein könnte und dann im Fluss ertrunken war. Am Abend wurde der Tote unter Missfallen vieler Einwohner Köngens, die an diese Möglichkeit nicht recht glauben wollten, auf dem Friedhof beerdigt. Am nächsten Morgen entdeckte der Pfarrer, dass das Grab wieder geöffnet und die Leiche verschwunden war. Bei einer Befragung im Ort begegnete ihm eisernes Schweigen. Er nahm sich fest vor, in seiner nächsten Predigt gegen den Aberglauben der Pfarrkinder zu wettern. Noch voller Aufregung notierte er das Erlebte im Totenbuch.


http://geschichtsverein-koengen.de/Koe1648-1750.htm